Brasilienbaucamps 1995 - 1996

Wir kennen sie alle aus dem Fernsehen: Müllberge, Papp - und Bretterhütten, Dreck, Elend und Armut, wohin man nur schaut. Zwischen all diesen menschenunwürdigen Bedingungen jedoch auch überall Kinder und Jugendliche. Wie wir. Nur diese Kinder leben auf der Straße rauchen Crack oder schnüffeln Lösungsmittel und leben von Gelegenheitsjobs oder von dem, was sie stehlen können.Bei diesen Bildern aus den Millionenstädten der sogenannten "Dritte - Welt - Ländern" werden viele Jugendliche, die hier in Saus und Braus leben, von Hilflosigkeit gepackt - was kann ein ,,mittelloser“ Schüler, Student schon gegen die Ungerechtigkeit der Welt machen? 
Einige diskutieren sogar über die Probleme dieser Welt und entwerfen neue gerechtere Weltordnungssysteme, eine neue, blühende Zukunft - aber der schlechte Nachgeschmack der Hilflosigkeit bleibt immer. Gegen diese Hilflosigkeit sind eine Handvoll Jugendlicher aus ganz Deutschland angegangen. Und zwar wollen wir nicht helfen, um unser Gewissen zu beruhigen, um nachher besser schlafen zu können oder um noch den Enkeln zu erzählen, was man doch für ein guter Mensch ist, sondern aus Solidarität mit den Jugendlichen dort. Was kann ein 16-jähriger Straßenjunge für die Lebensumstände, in denen er aufwächst und aus denen er nicht mehr fliehen kann? Was kann ein 16-jähriger deutscher Junge für die Umgebung in der er aufwächst? Der Junge aus den Slums kann diesen nicht ohne Hilfe entkommen, zu dieser Hilfe kann der 16-jährige Deutsche durchaus beitragen. Auf der anderen Seite kann der Slumbewohner dem ,,Wohlstandsjungen" zu einem anderen Lebensgefühl, einer anderen Lebenseinstellung verhelfen. Es werden nach dieser Begegnung materialistische Dinge unwichtiger, die vorher den Lebensinhalt dargestellt haben, dafür rücken neue sozialere Inhalte in den Vordergrund. 
Wir haben nach Möglichkeiten gesucht, vor Ort zu helfen - und haben diese in São Paulo und auf der Insel Maruja gefunden. 

Daniel Pichowski (Student)


Maruja

18. Juli 1998. Marujá. Ilha do Cardoso. Südatlantikküste Brasiliens.  Beim  ,,Centro Communitario" des Fischerdorfes bückt sich Tabea und öffnet ein Schieberventil. Mit 28 m WS spritzt Wasser aus einem Rohrstutzen. Demonstration für die kleine Menschenmenge im Halbkreis. Fotoapparate, Hochrufe, Händeschütteln.

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Ein Projekteindruck

Wenn man an Brasilien denkt, fallen einem drei Sachen ein: Sonne, Samba und die Armut.
Doch schon gleich am Flughafen haben wir etwas Neues kennengelernt: die allzu bekannte brasilianische Unpünktlichkeit. Und ich weiß nicht wie oft ich den folgenden Satz in den nächsten Wochen gehört habe: ,,Mensch, wir sind in Brasilien, das entschuldigt alles!"
Mein erster Eindruck von São Paulo: riesengroß, beeindruckend, faszinierend, aber, wenn man das Ländliche gewöhnt ist, unglaublich häßlich.

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Die Arbeit

Während dieser drei Jahre Arbeit in der Christengemeinschaft habe ich die Wichtigkeit der Arbeit der Comunidade (Boa Vista) gespürt. Ich entdeckte das nicht nur die Kraft des Willens ausreicht diese Arbeiten zu verrichten, es muß eine gewisse Beihilfe der Gruppe vorhanden sein. Diese Art Projekt braucht Menschen, die eine Wahrnehmung der sozialen und kulturellen Probleme haben, welche dann wiederum andere daraufhin beeinflussen können. Es ist mehr als geographisches Wissen, welches man über das Land haben muß, indem man seine Projekte machen will. Es ist ein angeborenes Wissen, das jeder von uns in sich trägt, aufgedeckt durch die Menschen, welche in Unterdrückung und unter der Gier der Reichen leben müssen. Es ist wichtig, daß man den richtigen Sinn kennt, solidarisch zu sein. Es reicht nicht, nur die Theorie zu kennen, sondern man muß es auch in die Praxis umsetzten zu können.

Wir sind Menschen und haben die Möglichkeit „alles" rationalisieren zu können, was in der Welt ist; wir müssen uns aber auch klar machen, daß wir alle Gleich sind. Jeder braucht ein Stütze, vom Geist und der Solidarität zu den Anderen. Mit Sicherheit lassen wir in dieser Form Früchte des Friedens reifen und wir nähern uns über die innere Mauer hinweg zum anderen. Meistens sind es soziale, kulturelle Faktoren, Rassen- und religiöse Unterschiede. Die Jugendlichen der Steinschleudergruppe haben probiert diese Mauer zu überwinden und dieses hilft der Annäherung an den anderen. Von der Solidarität und der Liebe Gebrauch zu machen und zu zeigen, was wir mit unseren Händen machen können. Aber nicht nur der Gebrauch der Hände und des Kopfes, sondern viel mehr der des Herzen ist entscheidend.

Ana-Lucia (Jugendliche der Boa Vista)
(übersetzt von Christina de Vial)